Preissteigerungen belasten Haushalte mit bis zu knapp 3.000 Euro pro Jahr / Rund 25 Prozent der Haushalte können die Mehrkosten kaum kompensieren / Jede:r Vierte übt Verzicht / Discounter erhalten wieder mehr Zulauf und erobern Marktanteile zurück

Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine Ende Februar sind die ohnehin hohen Preise für Benzin, Strom, Gas und Heizöl stark gestiegen. Auch Lebensmittel wie Getreide, Fleisch oder Pflanzenöl werden immer teurer. Die Mehrkosten für einen durchschnittlichen deutschen Haushalt belaufen sich laut Szenario-Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland auf Basis von aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts und des ifo-Instituts auf bis zu 242 Euro im Monat. 

Die Verbraucher:innen reagieren auf Preissteigerungen, indem sie verstärkt auf Sonderangebote zurückgreifen (58 Prozent) und günstigere Eigenmarken wählen (39 Prozent). Gut jede:r Vierte (27 Prozent) geht für bestimmte Produkte zum Discounter. Fast ebenso viele (24 Prozent) üben Verzicht – und kaufen weniger von bestimmten Produkten, etwa Fleisch und Wurst. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung von PwC Deutschland in Kooperation mit dem Crowdsourcing-Marktforschungsunternehmen POSpulse, an der 1.001 Personen ab 18 Jahren in Deutschland teilgenommen haben. Die Umfrage fand im Januar 2022 statt und somit noch vor Beginn der russischen Invasion. Die seitdem beschleunigte Inflation dürfte die Änderungen des Konsumverhaltens verstärken. 

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Einschnitte gehen über Lebensmittel hinaus

“In der aktuellen Situation schauen die Verbraucher:innen notgedrungen wieder verstärkt auf das Preisschild: Sie greifen zu Sonderangeboten und günstigen Eigenmarken, während verzichtbare Genussmittel und teure Bio-Lebensmittel vermehrt im Regal bleiben”, kommentiert Dr. Christian Wulff, Leiter des Geschäftsbereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland und EMEA. 

Die Auswirkungen des Preisanstiegs bei Lebensmitteln beeinträchtigen auch weitere Konsumbereiche, erklärt Andreas Späne, Partner Retail & Consumer Practice bei Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC: “Haushalte werden zugunsten des Lebensmittelkaufs an anderen Stellen sparen und beispielsweise ihre Ausgaben für Mode, Gastronomie und Reisen drastisch reduzieren. Somit drohen diese Marktsegmente einen möglichen Aufschwung zu verpassen, der mit der Rücknahme der Coronamaßnahmen zu erwarten gewesen wäre.” 

2.904 Euro Mehrkosten für einen durchschnittlichen Haushalt

Laut Statistischem Bundesamt betrug die Preissteigerung für Lebensmittel im Februar 2022 bereits über fünf Prozent gegenüber dem Februar des Vorjahres. Das ifo-Institut rechnet damit, dass die Preise für Lebensmittel 2022 um insgesamt sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen werden. Die PwC-Expert:innen rechnen dabei mit deutlich stärken Preissteigerungen in bestimmten Produktgruppen. Preise für Fleisch und Fleischwaren könnten im Worst-Case-Szenario beispielsweise um bis zu 50 Prozent steigen, etwa aufgrund höherer Preise für Futtermittel (zum Beispiel Mais), Transport und Kühlung. Für einen durchschnittlichen deutschen Haushalt bedeuten die Preissteigerungen monatliche Mehrkosten von insgesamt rund 242 Euro- das sind 2.904 Euro im Jahr. Davon entfallen 65 Euro auf Lebensmittel. 89 Euro resultieren aus den steigenden Energiekosten im Haushalt wie Strom, Gas und Heizöl. 40 Euro werden für steigende Verkehrsausgaben fällig. Die weiteren Mehrkosten ergeben sich aus den Auswirkungen der insgesamt steigenden Inflation auf die übrigen Warengruppen. 

Einkommensschwache Haushalte besonders betroffen

Menschen mit geringem Einkommen leider unter der aktuellen Situation besonders: So müssen Haushalte mit einem Nettoeinkommen unter 1.300 Euro – das sind rund 14 Prozent aller deutschen Haushalte – mit einer monatlichen Mehrbelastung von 115 Euro rechnen. Wer zwischen 1.300 und 1.700 Euro monatlich zur Verfügung hat – knapp zehn Prozent aller deutschen Haushalte – muss mit 151 Euro an Mehrkosten kalkulieren. 

“Knapp ein Viertel aller deutschen Haushalte muss mit weniger als 1.700 Euro netto auskommen und hat kaum Puffer, um die zusätzlichen Kosten zu stemmen. Menschen mit geringem Einkommen treffen die Preissteigerungen also besonders hart – auch wenn die Regierung mit dem kürzlich beschlossenen Maßnahmenpaket teilweise Entlastungen schafft. Schlussendlich geht es auch um den sozialen Frieden”, sagt Andreas Späne. 

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Die Preissteigerungen verändern das Konsumverhalten 

Die Konsument:innen werden ihr Einkaufsverhalten anpassen (müssen). Bei steigenden Preisen setzen die Verbraucher:innen insbesondere auf aktuelle Angebote (58 Prozent). 39 Prozent kaufen öfter Eigenmarken, um die steigenden Kosten für den Einkauf zu kompensieren. In der Krise schlägt zudem die Stunde der Discounter: Gut ein Viertel der Verbraucher:innen (27 Prozent) gibt an, bestimmte Produkte eher im Discounter zu kaufen. 

“Während viele Verbraucher:innen während der Corona-Pandemie den Vollsortimenter für ein One-Stop-Shopping-Erlebnis aufgesucht haben, steht nun die Kehrtwende an. Aufgrund der steigenden Preise werden die Discounter Marktanteile von rund 1 bis 2 Prozent zurückgewinnen”, so die Prognose von PwC-Experte Christian Wulff. 

Fast ein Viertel reagiert mit Verzicht

Rund jede:r vierte Verbraucher:in reagiert auf die Preisspirale mit Verzicht beim Essen und kauft weniger Produkte ein. Vor allem verzichtbare Lebensmittel wie Fleisch und Wurst oder auch Süßwaren landen seltener im Einkaufskorb. Bei Nahrungsmitteln, auf die viele Menschen weniger leicht verzichten können – etwa Milch und Molkereiprodukte – greifen die Käufer:innen verstärkt zu günstigeren Eigenmarken und Sonderangeboten, um den Geldbeutel zu schonen. 

Sparstrategien funktionieren nicht für alle gleich gut

“Diese Sparstrategien funktionieren jedoch nicht für alle Menschen gleich gut: Haushalte, die bereits vor den Preissteigerungen wenig Geld zur Verfügung hatten und beim Einkauf von Lebensmitteln längst auf Discounter, günstige Eigenmarken und Sonderangebote gesetzt haben, können kaum weiter sparen. Haushalte, denen mehr Budget zur Verfügung steht und die bislang regelmäßig teurere Marken- und Bio-Produkte gekauft haben, können durch günstigere Substitute Geld sparen”, so Christian Wulff. 

Unternehmen der Branche empfiehlt der PwC-Experte vor diesem Hintergrund, ihre Eigenmarken zu stärken und die Kunden mit attraktiven Angeboten zu binden: “Für Verbraucher:innen sind in der aktuellen Lage Sonderangebote im Einzelhandel hoch relevant – ebenso wie Eigenmarken als Ersatz für klassische Herstellermarken”, so das Fazit. 

Methodik:

Die Berechnungen zu den Mehrbelastungen der Haushalte basieren auf Zahlen der “Konsumausgaben privater Haushalte in 2020” des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sowie aktuellen Prognosen des ifo-Instituts zu Inflation und Konjunktur. Mittels einer Szenario-Analyse wurde ein “Worst Case” mit einer Inflationsrate von 6,1 Prozent sowie ein “Base Case” mit einer Inflationsrate von 3,3 Prozent erstellt. Die konkreten Werte zu den Mehrbelastungen entsprechen der Differenz aus beiden Szenarien. 

Der “durchschnittliche Haushalt” entspricht einem gewichteten Durchschnitt der deutschen Haushalte und berücksichtigt somit auch das Einkommen. Umgekehrt ist somit nicht ein Zwei-Personen-Haushalt gemeint, was dem Durchschnitt entspricht, sofern lediglich die Haushaltsgröße / Personenzahl betrachtet wird. 

Die Angaben zum geändertem Konsumverhalten beim Lebensmittelkauf basieren auf einer Befragung von PwC Deutschland in Kooperation mit dem Crowdsourcing-Marktforschungsunternehmen POSpulse, an der im Januar 2022 insgesamt 1.001 Personen ab 18 Jahren in Deutschland teilgenommen haben. www.pwc.de/Ernährungstrends

Quelle: Pwc (sw)

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